Politische Bildung (Heft 1/2014)

Reformation und Politik – das EKD-Jahresthema 2014 zur Reformationsdekade – war uns Anlass für das Thema »Politische Bildung«. Vielleicht vermuten manche in der gemeindepädagogischen Praxis gar nichts Politisches. Aber bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass es ohne Politik gar nicht geht, denn in der kirchlichen Alltagspraxis sind permanent individuelle und gesellschaftliche, persönliche und soziale, kirchliche, theologische und politische Dimensionen miteinander verwoben. Vor allem ergibt sich das aus der reformatorischen Kernthese Martin Luthers von der Gnade allein aus Glauben (Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Rom, Kapitel 1, Vers 17).

Die Gewissheit, bei Gott Gnade zu finden, ohne dass eine weltliche oder geistliche Institution, ein Amt oder sonst etwas sich zwischen Gott und mich stellen kann, macht den Menschen zu einem politischen Wesen, denn er muss selbst verstehen und Auskunft über seine Maßstäbe und Orientierungen, über sein Handeln und sein Denken und Fühlen geben (können). Und er ist zum Engagement aus der Kraft des Glaubens für mehr Gerechtigkeit und bessere Lebensverhältnisse aller Menschen und in der gesamten Gesellschaft berufen.

Politik und Bildung ergänzen und bedingen sich dabei. Politische Bildung ist eine wesentliche Handlungsperspektive der Gemeindepädagogik. Allerdings wird das Politische in vielen Konzeptionen kaum sichtbar bzw. ist auch oft den Akteuren gar nicht klar.

Wir stellen in dieser Ausgabe unterschiedliche Projekte und Arbeitsansätze der politischen Bildung im Kontext evangelischer Arbeit mit Kindern, Jugendlichen, Familien und Erwachsenen vor und bieten Hintergründe und Impulse zur eigenen Praxisentwicklung.

Vielleicht werden wir dadurch angesteckt, noch viel mutiger, aufmüpfiger, bestechender, fröhlicher und lockerer in der Freiheit eines Christenmenschen den Glauben zu leben und vor allem in der Gesellschaft erlebbar zu machen. Auch um den Preis des Widerspruchs, des Missverstehens oder des Widerstands.