Erlebnis Pädagogik (Heft 2/2017)

Erlebnis Pädagogik: Jede und jeder von uns hat Pädagogik am eigenen Leib, an der eigenen Seele erlebt. Jede und jeder ist in seinem Leben durch pädagogische Einrichtungen gegangen: Kindertageseinrichtungen, Schule, Ausbildung, Universitäten, aber auch Sportvereine, Jugendtreffs, die Bushaltestelle, Bude und der Bolzplatz, die Kirche … Welche Erlebnisse haben uns wie geprägt? Was hat weitergebracht und ist hängengeblieben? Wo bin ich hängengeblieben oder weitergetrieben worden?

Spätestens seit dem Aufkommen reformpädagogischer Ansätze im 20. Jahr­hundert werden erlebnis- und erfahrungsorientierte Pädagogiken gezielt praktiziert: als Natur- oder Erlebnispädagogik, Spiel- und Theaterpädagogik, Gruppenpädagogik usw. Historisch betrachtet war längst nicht alles positiv, was an Neuem ausprobiert wurde.

Allzu oft vermischten sich in problematischer Weise Elemente wie Gemeinschaft, Erlebnis oder Natur mit völkischem Denken, Nationalismus oder gar erotisch-sexuellen Aufladungen. Schmerzvolle Aufklärungs­prozesse sensibilisieren uns heute für diese Schattenseiten gut gemeinter Ideen. Dem pädagogischen Wert erfahrungsgeleiteter Ansätze sollte das keinen Abbruch tun.

Bloße Wissensvermittlung ohne Erlebnis- und Erfahrungsdimension läuft ins Leere. »Nicht für die Schule – für das Leben!«, steht noch heute, oft in lateinischer Sprache, an manchen altehrwürdigen Portalen von Bildungseinrichtungen. Wann, wo, wie, wodurch lernen wir für das Leben? Wohl vor allem dann, wenn wir ernsthafte Situationen bewältigen und sie für uns reflektieren und auswerten können. Oft ungewollt, unfreiwillig.

Im Leben durch das Leben für das Leben lernen, auch im Glauben. Das ist ein hoher Anspruch der Gemeindepädagogik. Dazu setzt sie seit jeher erlebnis­bezogene Methoden ein: Naturerleben, Theater und darstellendes Spiel, darstellende Kunst, Literatur und Musik, Engagement, Beteiligung und Mitbestimmung, um nur einige Ansätze, Dimensionen, Formen des Lernens zu nennen.

Solches Lernen hat Wirkung auf das eigene Leben, in die Gesellschaft wie auch in kirchliche Praxisfelder und Gemeinde: der Gottesdienst als dramaturgische Inszenierung erschließt sich neu und eröffnet Mitwirkungsmöglichkeiten, beteiligungs­orientierte Gemeindeleitung macht Spaß, zeitgemäße Musik in der Kirche als alltagskulturelle Ausdrucksform bringt Stimmung – um nur einige Beispiele zu nennen, die auch nicht immer unumstritten sind.

Pädagogik als Erlebnis ist kein Selbstläufer. Wir geben in dieser Ausgabe zu unterschiedlichen Ansätzen Impulse zum Selbermachen, die gern und unbedingt ganz eigen, ganz anders umgesetzt werden sollen.